Elementares Schreiben – Anything goes

Elementares Schreiben
Anything goes

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Die unterschiedlichen Phasen des Schreibens folgen unterschiedlichen Kriterien. Beim Notieren eines Gedankens etwa, der später weiterverwertet werden soll, spielen poetische Formulierungen eine weniger wichtige Rolle als sprachliche Präzision und Knappheit (zumindest in den meisten Fällen). Es ist nicht nur gut, die eigenen Regeln für die eigenen Schreibphasen zu kennen. Mindestens ebenso wichtig ist es, sich bewusst zu machen, in welcher Phase man gerade steckt. Beim Überarbeiten eines Manuskripts wird viel Strenge gegenüber dem eigenen Text abverlangt. Die gleiche Strenge kann im Akt des Schreibens selbst hingegen zum Hindernis werden und den Schreibfluss blockieren.

Um letzteres Beispiel geht es heute. Wie halte ich mir den Kritiker im eigenen Kopf – der beim Überarbeiten so wichtig ist – beim Schreiben selbst vom Hals? Auf diese Frage gibt es vermutlich so viele Antworten, wie es Schreibende gibt. Eine Möglichkeit möchte ich hier kurz vorstellen: das Automatische Schreiben.

Die Idee ist simpel: Man schnappt sich das Schreibgerät seiner Wahl und schreibt einfach drauf los. Keine Filter, keine Regeln, nur Schreiben. Jede noch so kleine Idee oder Regung wird schriftlich festgehalten. Mitten im Satz ploppt der Gedanke auf, dass man noch Milch kaufen muss – dann sollte wenige Sekunden später "Muss noch Milch kaufen" auf dem Blatt oder Bildschirm stehen.

Wer das schon mal probiert hat, weiß, dass das so einfach gar nicht ist. Meist begegnet man der kritischen Stimme im Kopf recht schnell. Meine sagt oft Dinge wie "Das soll jetzt Literatur sein, ja? Na, prima!".

Das Ziel besteht beim Automatischen Schreiben aber nicht darin, einen literarisch besonders wertvollen Text zu verfassen. Was am Ende beim Automatischen Schreiben herumkommt, muss noch nicht mal ein kohärenter Text sein. Stattdessen geht es darum, sich ganz den Bewegungen der eigenen Gedanken und den Angeboten der Sprache selbst zu überlassen. Automatisches Schreiben trainiert die Fähigkeit, sich dem Schreiben zu überlassen und sich beim Schreiben auf eine Mischung aus der eigenen Intuition und den Qualitäten der Sprache zu verlassen (Klang, Rhythmus, Assoziationen, Bilder, etc.).

Einsetzen lässt sich das Automatische Schreiben etwa, um Schreibblockaden zu lösen, Text an Stellen eurer Manuskripte zu erstellen, an denen es partout nicht weitergehen will. Ich selbst nutze es gern, wenn ich länger nicht zum Schreiben und daher etwas aus der Übung gekommen bin. Für mich fühlt es sich an wie literarisches Stretching, dass die Glieder beweglich macht, den Kreislauf in Schwung bringt und mich immer wieder daran erinnert, wie viel Spaß ich eigentlich am Schreiben habe.

Schreibaufgabe

Automatisches Schreiben braucht schon ein bisschen Übung. Wen es interessiert, dem empfehle ich, es ein bis zwei Wochen lang jeden Tag für zehn Minuten auszuprobieren. Stellt euch einen Timer und schreibt einfach drauf los. Ihr könnt euch einem Thema widmen und dann abdriften, oder auch ohne jeden Anhaltspunkt loslegen. Wichtig ist, dass ihr möglichst nicht aufhört zu schreiben. "Ich weiß nicht, was ich schreiben soll“, ist ein Satz, der in meinen ersten Versuchen ziemlich häufig vorkam.

Beobachtet über die Zeit nicht nur die Ergebnisse eurer Sessions, sondern vor allem, ob es nicht immer besser gelingt, die Wörter und Sätze, die Bilder und Sounds beim Schreiben einfach kommen zu lassen, ohne sie in Frage zu stellen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir einige eurer Ergebnisse zukommen lasst.

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Schreibaufgabe

Automatisches Schreiben braucht schon ein bisschen Übung. Wen es interessiert, dem empfehle ich, es ein bis zwei Wochen lang jeden Tag für zehn Minuten auszuprobieren. Stellt euch einen Timer und schreibt einfach drauf los. Ihr könnt euch einem Thema widmen und dann abdriften, oder auch ohne jeden Anhaltspunkt loslegen. Wichtig ist, dass ihr möglichst nicht aufhört zu schreiben. "Ich weiß nicht, was ich schreiben soll“, ist ein Satz, der in meinen ersten Versuchen ziemlich häufig vorkam.

Beobachtet über die Zeit nicht nur die Ergebnisse eurer Sessions, sondern vor allem, ob es nicht immer besser gelingt, die Wörter und Sätze, die Bilder und Sounds beim Schreiben einfach kommen zu lassen, ohne sie in Frage zu stellen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir einige eurer Ergebnisse zukommen lasst.